(Text und Bilder von Dr. Manfred Kühn, Schöneicher Forum gegen Fluglärm e.V.)
Was hatten WIR – was wird UNS erwarten!
(Eine kurze Betrachtung der Überflugsituation in Schöneiche bei Berlin)
Vor der BER-Eröffnung
Überflogen wurde Schöneiche schon immer! 1973 hatten wir in der Region drei Verkehrsflughäfen:
- Flughafen Tempelhof (THF),
- Flughafen Tegel (TXL) und
Flughafen Schönefeld (SXF).
Von den An- und Abflügen in Schönefeld war in Schöneiche kaum etwas zu spüren. Anders war es mit den Anflügen auf die beiden Berliner Flughäfen. In der meisten Zeit kamen die Flieger von Süden. Fast genau über Grätzwalde schwenkten dann die Flieger in Richtung Tempelhof nach Westen ab, während die Flieger nach Tegel weiter nach Norden flogen, um dann über Pankow die Landung nach Westen einzuleiten.
Es waren zwar relativ laute Maschinen, flogen relativ langsam und auch nicht so hoch, aber noch waren es nicht so viele.
Nachdem Tempelhof geschlossen war, stieg das Verkehrsaufkommen ständig an.
Im März 2019 verzeichneten die beiden Flughäfen ein relativ hohes Verkehrsaufkommen.
Schöneiche wurde im wesentlichen durch die Flieger nach Tegel überflogen. Die Überflughöhe lag meist über 1.000 m. Die Geschwindigkeit und damit der Schub waren gering, wodurch sich auch oft die Lärmentwicklung in Grenzen hielt.
Unabhängig davon gab es einzelne Maschinen, die hohe Lärmpegel erzeugten. Daher kam es auch zu verschiedenen Fluglärmbeschwerden.
Dieses Flugsystem, das bis zur Eröffnung des BER gültig war, verursachte in Schöneiche nur geringe Lärmbelästigungen. Am meisten störten SXF-Anflüge von Billigairlines, die bereits Schöneiche in geringer Flughöhe überquerten, um dann auf kürzesten Weg auf die Landegerade einzuschwenken (Abkürzungen).
Nach der BER-Eröffnung
Mit der Eröffnung des BER wurden auch neue Flugrouten eingeführt. Die Folge für Schöneiche waren planmäßige Überflüge bei Ostwind, die dann auf der sogenannten Müggelseeroute direkt über die Westseite von Schöneiche führten. Da die Maschinen sich hier noch im Steigflug befinden, werden in der Ortslage Fluglärmpegel von mehr als 70 dB(A) gemessen.
Anfangs wurden diese Überflüge kaum bemerkt, da aufgrund der Corona-Pandemie der Flugbetrieb stark gedrosselt war. Ein weiterer Grund war, dass der Flugbetrieb auf beiden Start-Landebahnen durchgeführt wurde. Dadurch wurde Schöneiche nur von dem Teil der gestarteten Maschinen überflogen, die nördliche Ziele erreichen wollten.
Aufgrund von Beschwerden der Bevölkerung, die südlich des BER lebt, wurde ab Mai 2021 ein wechselnder Betrieb auf beiden Bahnen beschlossen. Somit wird im Monatswechsel entweder nur die Nordbahn oder nur die Südbahn genutzt.
Mit Rücksicht auf die Fluggesellschaften werden nicht alle Maschinen zwangsläufig auf die Müggelseeroute geleitet. Bei Zielen südlich von Berlin dürfen die Flugzeuge auch geradeaus über Müggelheim – Erkner – u.s.w. starten. Diese Flugspur war sonst nur für besonders schwere Flugzeuge vorgesehen (s. Abb. 2). Die Entscheidung, wie geflogen wird, trifft die Deutsche Flugsicherung.
Wie könnte es kommen ?
Es ist bekannt, das Flugzeuge vorzugsweise gegen den Wind starten und auch landen. Beim BER liegen die Start-Landebahnen aber nicht exakt in Ost-West-Richtung sondern weichen um 20° ab (linksdrehend). Daraus ergeben sich auch die Betriebsrichtungen (s. blaues Winkelsegment):
- R 07 für Start nach Osten (70°) und
- R 25 für Start nach Westen (250°).
Bei der Festlegung für das Flughafensystem wurde die am Flughafen vorherrschende Windverteilung berücksichtigt.
Entscheidend für die Wahl der zu fliegenden Betriebsrichtung ist die Achse von 340° zu 160° (rote Punktlinie). Alle Windrichtungen östlich von dieser Achse führen zur R 07 und die von westlich der Achse kommenden zu R 25.
Auch hier sind aber abweichende Festlegungen durch die Deutsche Flugsicherung möglich.
Ausgehend von der Windstatistik im Jahr 2019 (in diesem Jahr war das Verkehrsaufkommen am SXF relativ hoch), ist von folgenden Häufigkeiten für die beiden Betriebsrichtungen auszugehen:
- R 07 36,81% (340° – 150°)
- R 25 64,30% (160° – 330°)
Näherungsweise wird während 2/3 des Jahres nach Westen (R 25) und während 1/3 des Jahres nach Osten gestartet, also die Müggelseeroute geflogen.
Wenn wieder geflogen wird
Wenn wieder mehr geflogen wird, geht der Flugbetrieb weiter wie ursprünglich geplant. Der Verkehr wird auf beiden Start-Landebahnen durchgeführt und jetzt reden wir von der dreifachen Verkehrslast, denn vor der BER-Eröffnung wurden 2/3 aller Flugzeuge in Tegel abgefertigt.
Merke: In Schönefeld starteten und landeten nie so viele Flugzeuge, wie lt. Planfeststellungsbeschluss mal am BER fliegen sollen. Bislang haben wir nie so einen Fluglärm erlebt!
Für Schöneiche und Friedrichshagen bedeutet das, dass bei Ostwind die Müggelseeroute mit allen auf der Nordbahn gestarteten Maschinen geflogen wird. Flieger, deren Ziele in südlicher Richtun- gen liegen, starten dann nur noch von der Südbahn.
Schöneiche wird dann an seiner Westseite in ca. 2.000 m Höhe mit Verkehrsmaschinen überflogen, die sich dann noch im Steigflug befinden. Die Turbinen müssen ca. 85% der Maximalleistung liefern. Am Boden hört man dann mehr als 100 mal am Tag die Überfluggeräusche mit um die 70 dB(A)!
Das haut dann den stärksten Sonnenanbeter von der Gartenliege!